Neuer Hofflohmarkt, alter Trödel – gemütliche Börse für Ausrangiertes mit Düsseldorfer Nachbarn
Die kleine Verkäuferin strahlt übers ganze Gesicht, als sie für ihren Schlüsselanhänger in Monsterform ein glänzendes 2-Euro-Stück bekommt. Seit er seine Gartentörchen geöffnet hat, wechseln auf dem ersten Hofflohmarkt in Grafenberg kleine und große Habseligkeiten den Besitzer. Bunte Trödelware und freundliche Nachbarn sorgen in Düsseldorfs Vorgärten für fröhliche Gesichter.
Beim Hofflohmarkt in Grafenberg trifft man neben jungen Verkaufstalenten auf alte Freundinnen und Freunde, Mamas, Papas, Tanten, Onkel und Omas. Sie verkaufen in Vorgärten und Garagen, was nicht niet- und nagelfest ist – und was sie in liebevolle Hände abgeben möchten. Spielzeug, Haushaltswaren, Dekoartikel und Kleidung zum Beispiel. Aber auch eine imposante antike Standuhr, vielerlei Surfboards und duftende Waffeln warten hier auf Trödelfans, Sportsfreunde und Naschkatzen. Bei Regen verkrümelt sich der Hofflohmarkt mit Hab und Gut in Garagen und unter Vordächer – schlechtes Wetter setzt dem Trödeln kein Ende.
Teilnehmer sind sich durchweg einig: Flohmarkt ist super! „Also, bis auf das ultrafrühe Aufstehen beim ,herkömmlichen‘ Trödelmarkt, wenn man Verkäufer ist oder etwas Bestimmtes sucht.“ Das Schleppen und Verpacken der kleinteiligen Sachen finden sie auch verzichtbar. Ebenso gewerbliche Verkäufer mit billigem Tand, die Floh- und Trödelmärkten mitunter den süßen Charme nehmen. Kurzum: Die Grafenberger, in deren Stadtteil der Hofflohmarkt dieses Jahr eine fulminante Premiere feierte, werden diese Aktion sicherlich wiederholen.
Der noch relativ neue Hofflohmarkt zeigt, wie Trödeln auch geht: bequem und kuschelig, direkt zu Hause, liebevoll und überaus kommunikativ. In den USA gibt’s ,yard sales‘ und ,garage sales‘ schon lange, hier werden sie gerade erst richtig populär – eine echte Flohmarktlücke!
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Der „Neu-Erfinder“ der Hofflohmärkte in Deutschland, René Götz, hat das folgendermaßen konzipiert: Verschiedene Viertel, Ecken und Nachbarschaften bekommen je einen Termin an einem Samstag zugeteilt. Da der traditionelle Trödelmarkt gern am Sonntag stattfindet, muss sich der Flohmarktfreund also gar nicht zwischen den beiden Varianten entscheiden. Wer mitmachen und am Haus, in Garten und Garage oder auf dem Hof eigenen Trödel verkaufen möchte, meldet sich im Vorfeld an und wird als Verkäufer registriert. Natürlich lebt die Idee vom Weitersagen. Nachbarn stecken ihre Köpfe zusammen, um den Flohmarkttag für ihre Straßenzüge auf die Beine zu stellen. Die Organisation besteht im Wesentlichen aus Werbung: zuerst, um Mitmacher zu gewinnen, und im zweiten Schritt, um Besucher und Käufer für den jeweiligen Hofflohmarkt zu finden.
Dazu bietet Organisator hofflohmaerkte.de farbenfrohe Unterstützung an: Liebevoll gestaltete Flyer sind in der Anmeldegebühr inbegriffen. Genau wie die bunten Luftballons, die am Tag der Tage weithin sichtbar zeigen, wo es für Nachbarn, Gäste und Schnäppchenjäger langgeht.
Man muss sich schon wundern, dass nicht eher jemand darauf gekommen ist. Doch die Idee, Garagenverkäufe auch in Deutschland populär zu machen, ist tatsächlich noch relativ neu: Vor 16 Jahren organisierte René Götz in München den ersten Hofflohmarkt, 2018 fanden in Friedrichstadt, Flingern, Oberbilk, Derendorf, Unterrath und Unterbilk die ersten Heimtrödel in Düsseldorf statt, 2019 feiert Grafenberg Premiere.
Die Areale sind in der Größe so gewählt, dass man die teilnehmenden (Hinter-)Höfe in den benachbarten Straßenzügen gut zu Fuß erreichen kann. Erkunden lässt sich so ein Hofflohmarkt auch prima mit dem (Leih-)Fahrrad, E-Scooter oder E-Roller eddy – so ist man im Nu im nächsten Miniladen. Mit Roller oder Fahrrad lässt sich auch der eine oder andere größere Trödelmarktfund leichter transportieren.
Neuigkeiten und Daten für 2020 gibt’s auf der Düsseldorf-Seite der Hofflohmärkte:
Kaiserswerth
Oberkassel
Niederkassel
Flingern
Unterrath
Derendorf
Gerade für Familien, die oft Kleidung und Spielzeug abgeben oder verkaufen möchten, bietet sich ein Hofflohmarkt an. Der Babysitter für den Flohmarkttag entfällt, stattdessen können Familien beim Heimflohmarkt die Kinder in das Geschehen einbinden. Sie können erste Erfahrungen im Umgang mit Geld sammeln oder ihr Taschengeld mit selbst gebackenen Waffeln oder hausgemachter Limonade aufbessern. Natürlich ist nicht jede Verkaufserfahrung ganz einfach, denn nicht jeder Teddy und nicht jede Spielburg wird leichten Herzens weitergegeben. Es ist aber ein kleiner Trost, mit dem Erlös selbst durch die Nachbarschaft zu stromern und neues Spielzeug für kleines Geld finden zu können. Das schult nicht nur den Umgang mit Geld, das ist auch gelebte Nachhaltigkeit, weil Dinge weitergegeben werden und nicht weggeworfen.
Der Hofflohmarkt in Düsseldorf ist aber längst kein reiner Kinderflohmarkt. Vielerorts tun sich Freundinnen zusammen, um gemeinsam Stehrümchen und Spielzeug, Nützliches und Nippes, Kleidung und Kuscheltiere zu verkaufen. Vielen der netten Damen machen neben dem finanziellen Aspekt auch Verkaufsgespräch und Stilberatung sichtlich Spaß.
Denn natürlich ist der Hofflohmarkt in Grafenberg eine Börse nicht nur für Dinge, sondern auch für Kontakte und Bekanntschaften. Bei der Gelegenheit kommt die ganze Nachbarschaft in entspannter Atmosphäre bummelnd und trödelnd zusammen – und nicht selten zum allerersten Mal ins Gespräch. So erobert die trödelnde Revolution langsam, aber sicher Stadt für Stadt und Veedel für Veedel und räumt dabei viele Keller, Speicher und Dachböden auf, stiftet Freundschaften und sorgt für eine nachhaltige Verwendung von allen möglichen Habseligkeiten. Auf ein Neues im nächsten Jahr – auf einem Hofflohmarkt in Ihrer Nähe, vielleicht ja sogar bei Ihnen zu Hause?
Doris Dreßler • 29. November 2024