Raus aus der Operrolle: Ein überfälliges Plädoyer für die Königsklasse der Unterhaltung
Wie jede Freizeitgestaltung soll auch der Opernbesuch vor allem Spaß machen. Vergessen Sie also alles, was Sie bisher über Opernbesuche zu glauben wussten: große Robe, strenge Klatschregeln und kostspieliger Champagner – so war´s zu Omas Zeiten. Zwar gibt es bei Opernbesuchen immer noch einen Verhaltenskodex, aber Sie werden sich wundern, worin der heute besteht. Denn auch die Opernhäuser sind im digitalen Zeitalter angekommen.
Sie mögen klassische Musik, aber waren noch nie in der Oper? Oder Sie waren vor 20 Jahren einmal in der Oper und empfanden das Ambiente wenig zugänglich. Verständlich: Oper ist was für Senioren, sie ist elitär, angestaubt und teuer und Sie haben auch gar nicht die passende Kleidung dafür. Ganz zu schweigen von der aufwendigen inhaltlichen Vorbereitung, die es für so einen Abend braucht. Wie bitte? Wenn Sie mindestens eine dieser Aussagen für unumstößlich richtig halten, haben wir eine gute und eine schlechte Nachricht für Sie. Die schlechte: Sie benötigen dringend ein Update in Sachen Opernbesuch. Die gute: Sie sind gerade schon dabei, sich auf den neusten Stand zu bringen. Erlauben Sie uns, den Staubwedel zu schwingen, Ihnen beim Aufräumen mit den Vorurteilen zur Hand zu gehen und das zu Unrecht angestaubte Image der Oper aufzupolieren. Tanja Brill, Pressesprecherin der Oper am Rhein, hat uns bei der Operninspektion begleitet
1. Für einen Opernabend braucht man die große Robe: Mindestens Abendkleid und dunkler Anzug sind angesagt.
Entspannen Sie sich – in den vergangenen Jahrzehnten hat sich hier sehr viel getan. Während vor 30 Jahren tatsächlich noch Abendkleid oder zumindest das „Kleine Schwarze“ und ein dunkler Anzug von den Opernhäusern erwartet wurden, können Sie heute ganz selbstbewusst nach dem Shopping in Jeans und Sneakers den Abend in der Oper ausklingen lassen. Mittlerweile finden sich hier nämlich alle Kleidungsstile, und keinen stört´s. Tanja Brill erlebt es in der Praxis sogar eher andersherum: „Heutzutage gibt es ja gar nicht mehr so viele Anlässe, sich mit großer Robe zu präsentieren, also wird der Opernbesuch von jungen Pärchen gerne für eine solche genutzt. Alles ist erlaubt. Und diese Vielfalt ist doch bereichernd.“
Sie allein entscheiden, wie viele Aspekte dieser komplexen Kunst Sie sich zu Gemüte führen wollen; vom bloßen sich berieseln lassen bis zur kontextuellen Einordnung der speziellen Inszenierung ist alles möglich und führt zum Genuss. Eine umfassende Vorbereitung in 30 Minuten bietet die Düsseldorfer Oper übrigens direkt vor der Vorstellung an. Inhaltsangabe, Einordnung der Inszenierung und Vorstellung der Sänger werden leicht verständlich aufbereitet. Auch das Programmheft ist eine Hilfestellung, die Einführung ist allerdings schneller konsumierbar.
Können Sie sich Düsseldorf ohne Altbier vorstellen? Sehen Sie, die Deutsche Oper am Rhein auch nicht! Dazu werden übrigens ganz zünftig auch Brezeln angeboten.
Kann, muss aber nicht. Zunächst einmal nehmen Sie mit der Sitzplatzwahl und Vorstellung selbst Einfluss darauf, wie tief Sie in die Tasche greifen. Darüber hinaus gibt es in Düsseldorf attraktive flexible Mehrfachgutscheine. Oder hätten Sie gedacht, dass Sie schon ab 10,00 Euro auf allen Platzkategorien (außer A) Platz nehmen können? Die „Junge 4er-Karte“ macht´s möglich (für alle unter 28 Jahren).
5. Ich habe zu wenig Sachkenntnis, um eine passende Inszenierung auszusuchen.
Wer sich bei diesem Thema verständlicherweise (noch) auf unsicherem Parkett bewegt, kann sich in Düsseldorf beispielsweise im Opernshop beraten lassen. Außerdem hat die Oper am Rhein sogenannte „Opernscouts“, die Sie mit ihrem persönlichen Erlebnisbericht im Blog auf www.opernscouts-operamrhein.com unterstützen können. Denn dabei handelt es sich um Zuschauer, die bewusst nicht immer vom Fach, manchmal sogar Opernneulinge sind. Nicht zu vergessen: Auch Rezensionen der regionalen Presse sind eine gute Quelle. Grundsätzlich gilt: Für den Einstieg sind leichte Werke mit eingängigen Melodien zu empfehlen. Einen guten eigenen Eindruck können Sie sich auch mit den Trailern auf der Website oder auf einem der Social-Media-Kanäle der Oper verschaffen. YouTube, Facebook, Instagram, Twitter – Oper goes digital.
Wenn Sie in den modernen Opernabend schon zeitgemäß starten wollen, fahren Sie doch mit einem unserer E-Roller zum Opernhaus an der Heinrich-Heine-Allee 16 a. eddy, so der Name unseres E-Roller-Sharing-Konzepts, steht Ihnen an vielen Stellen in Düsseldorf zur Verfügung. Ein unkomplizierter Weggefährte wartet auf Sie.
6. Ich teile auf Facebook und Co. mein ganzes Leben. Wie sieht´s denn damit in der Oper aus?
„Gut sieht´s aus“, werden ihre Freund:innen auf Facebook, Instagram und Co. kommentieren, denn die Deutsche Oper am Rhein verfährt mit ihrem Hausrecht sehr großzügig. Pressesprecherin Tanja Brill hierzu: „Teilen Sie mit Ihren Freunden gerne Fotos und Filme, die Sie außerhalb der Vorstellung, beispielsweise in den Pausen, machen. Aber während der Vorstellung sollten Sie sich eine handyfreie Zeit ermöglichen, ja geradezu gönnen. Abgesehen davon, dass Fotos von der Vorstellung die Persönlichkeitsrechte der Künstler verletzen, stört die Benutzung des Smartphones die Künstler und auch die anderen Besucher:innen. Sogar die Displaybeleuchtung macht sich in der Dunkelheit in einem großen Radius überraschend stark bemerkbar.“ Genauso wie wir alle es ja auch aus dem Kino kennen.
7. In der Oper gibt es so komplizierte Klatschregeln.
Auch bei diesem Thema hat sich der Verhaltenskodex deutlich verändert. Früher durfte nur zur Pause bzw. am Ende geklatscht werden. Wie das Thema heutzutage gehandhabt wird, weiß die Fachfrau Tanja Brill: „Klatschen ist eine spontane, positive Gefühlsäußerung; das ist selbstverständlich erlaubt und sogar gewünscht. Allerdings sollte auf eine geeignete Stelle, wie das Ende eines Gesangsparts, gewartet werden.“
8. Diese Kunstform ist nichts für mich als Neuling beziehungsweise junger Mensch.
Zugegeben: Oper wird oft als die Königsdisziplin in der Unterhaltung gehandelt. Und wenn das auf exklusives Image trifft, kann das auf Neueinsteiger verständlicherweise unnahbar wirken. Davon sollte man sich aber bitte nicht abschrecken lassen, wenn man sonst klassische Musik mag. Oder, um es mit Tanja Brills Worten zu sagen: „Einfach mal ausprobieren.“
9. Ich würde ja gern, aber in meinem Umfeld gibt es niemanden, der mitkommen möchte.
Es gibt Angebote der Kulturämter, wie in Hilden, die günstige Karten und eine Gruppenanreise anbieten. Schauen Sie sich mal in Ihrer Stadt um.
Doris Dreßler • 29. November 2024
Joachim Gerloff • 29. November 2024