Von den Düsseldorfer Namen, Mythen und Legenden
Haben Sie sich auch schon einmal gefragt, warum Düsseldorf eigentlich Landeshauptstadt ist, warum das von Düsseldorfern geliebte Altbier eigentlich so heißt, wie es heißt und was es mit den Radschlägern auf sich hat? Wir gehen den Düsseldorfer Namen, Mythen und Legenden auf den Grund und liefern Erklärungen, die sicherlich auch so manchen Einheimischen überraschen.
Düsseldorf ist immer eine Reise wert. Das belegen nicht zuletzt die vielen Touristen, die Jahr für Jahr in die Landeshauptstadt kommen. Allein mehr als 2,7 Millionen Besucher waren es im Jahr 2016 – Tendenz steigend. Viele davon kommen zwar wegen der Messen, haben aber immer auch die Zeit, um die berühmten Hotspots zu erkunden: Rheinuferpromenade, Altstadt und Landtag beispielsweise. Und auch die hiesigen Köstlichkeiten wie zum Beispiel das Altbier locken die Besucher. Aber wie oft haben Sie sich die Düsseldorfer Sehenswürdigkeiten angesehen und sich beispielsweise gefragt: Warum steht der Landtag eigentlich in Düsseldorf und nicht in Köln? Oder warum heißt das bekannteste und beliebteste Düsseldorfer Bier eigentlich so, wie es heißt? Seien wir ehrlich: die meisten wahrscheinlich noch nie. Ein echter Fehler, denn die Geschichten hinter den Düsseldorfer Alltäglichkeiten können wirklich spannend sein und einen völlig neuen Blick auf unsere schöne Landeshauptstadt am Rhein offenbaren.
Diese durchaus berechtigte Frage gleich vorweg: Warum ist eigentlich Düsseldorf die Hauptstadt von Nordrhein-Westfalen und nicht Köln? Schließlich ist unsere Nachbarstadt eine Metropole mit über einer Million Einwohnern. Düsseldorf kommt da nur auf etwas mehr als die Hälfte. Da gilt es aber nicht zu vergessen, dass beispielsweise Bonn mit einer Einwohnerzahl von heutzutage gerade einmal 318.000 Einwohnern sogar ganze 40 Jahre Bundeshauptstadt war. Das Argument mit der Stadtgröße ist also keins. Vielmehr liegt die Antwort auf diese Frage in der Geschichte verborgen. Um es aber vorwegzunehmen: Auch wir haben die allgemeingültige Antwort nicht gefunden. Dafür aber viele Vermutungen, an denen das ein oder andere wahr sein dürfte. So könnten zum Beispiel schon ganz banale, persönliche Antipathien zu der Entscheidung geführt haben, Düsseldorf zur Landeshauptstadt NRWs zu küren. Denn 1946, zur Geburtsstunde des Landes, lag es in der britischen Besatzungszone. Man munkelt, dass die Briten mehrfach mit dem Kölner CDU-Politiker und Oberbürgermeister Konrad Adenauer aneinandergeraten sind und genau deshalb Düsseldorf den Vortritt gelassen haben. Zwar stimmt es, dass die Briten Adenauer als Oberbürgermeister absetzten, danach widmete er sich aber seiner Karriere als Politiker. Weniger spektakulär aber ebenso plausibel ist die Erklärung, dass Düsseldorf schon zur preußischen Zeit Verwaltungssitz war und ganz einfach den Krieg wesentlich heiler überstanden hatte als unsere Nachbarstadt. Wahrscheinlich ist die Antwort sogar noch viel banaler. Düsseldorf lag zentral zum Ruhrgebiet. Der Wiederaufbau des industriellen Zentrums ließ sich von hier besonders gut steuern.
Das Altbier wird Altbier genannt, weil es in der Altstadt ausgeschenkt wird. Moment mal, dann müsste es aber auch in jeder beliebigen anderen Stadt so heißen, in der es eine Altstadt gibt. Diese Erklärung ist also definitiv falsch. Und auch die in Köln sehr weit verbreitete Annahme, das Alt habe seinen Namen wegen der nicht vorhandenen Frische, ist nicht korrekt. In Wirklichkeit verdankt das Altbier seinen Namen einem alten Brauverfahren, das mehrere Jahrhunderte in die Geschichte zurückzuverfolgen ist. Dieses wird bei obergärigen Bieren – wie eben dem Alt –angewandt. Somit ist es ganz einfach das Bier, das nach alter Tradition gebraut wird. Zwar ist das Kölsch ebenfalls ein obergäriges Bier, aber natürlich möchten sich die Kölner vom Nachbarbier unterscheiden und haben ihr Bier daher nicht nach der Art des Brauverfahrens benannt, sondern nach der Stadt, aus der es kommt.
Jetzt wissen Sie, warum das Altbier heißt, wie es heißt. Und getrunken wird es selbstverständlich an der „längsten Theke der Welt“. Womit man schon bei einem weiteren Düsseldorfer Mythos ist. Es soll tatsächlich Leute geben, die diese Theke vergeblich in Düsseldorf suchen. Natürlich ist das nur eine symbolische Redewendung. Eine Kneipe oder Bar mit einer besonders langen Theke gibt es hier nämlich nicht. Und dennoch passt die Redewendung: Schließlich reihen sich in der Düsseldorfer Altstadt rund 250 Kneipen, Bars und Restaurants aneinander.
Ob am Burgplatz, an der Kirche St. Lambertus oder vor der Brauerei Uerige – Düsseldorf steht an vielen Orten Kopf. Oder zumindest sein Wahrzeichen, der Düsseldorfer Radschläger. Mit Sicherheit ist er Ihnen schon einmal aufgefallen, schließlich ist er auch das älteste und bekannteste Wahrzeichen und verschönert nicht nur das Stadtbild, sondern auch unzählige Souvenirs. Aber was steckt hinter den vielen Radschlägern in Düsseldorf? Sie gehen auf einen sehr alten Brauch zurück, der seinen Ursprung angeblich in der Schlacht von Worringen hat. Damals – im Jahre 1288 – schlug der Düsseldorfer Graf Adolf nach sechs Jahren erbitterten Erbfolgestreits den Kölner Erzbischof und erhielt endlich die Düsseldorfer Stadtrechte. Darüber sollen Erwachsene wie Kinder gleichermaßen so erfreut gewesen sein, dass sie prompt auf die Straße rannten und euphorisch Räder schlugen. So zumindest eine Legende. Zwei andere Legenden haben mit Hochzeiten zu tun. Legende eins besagt, dass bei einem Hochzeitszug an der Hochzeitskutsche ein Rad gebrochen sei. Ein Junge habe nur dadurch Unheil abwenden können, indem er an das Rad gesprungen sei und es mit seinem eigenen Körper umklammert habe. Er wurde also zum lebenden Kutschrad. Legende zwei besagt, dass Markgräfin Jakobe von Baden bei ihrer Hochzeit 1585 mit Johann Wilhelm von Jülich-Kleve-Berg sehr unglücklich gewesen sei. Neben der Kutsche liefen allerdings Kinder und schlugen Räder. Das habe sie aufgeheitert. Na dann ... Wahrscheinlich ist die Antwort auch hier wesentlich profaner. Düsseldorf ist nicht erst seit heute eine Messestadt. Ende des 19. respektive Anfang des 20. Jahrhunderts kamen viele Reisende in die Stadt, deren Portemonnaies locker saßen. Kinder entdeckten, dass das Radschlagen eine einträgliche Einnahmequelle war.
Die Kirche St. Lambertus ist nicht nur sehr bekannt, weil sie das vielleicht älteste Bauwerk Düsseldorfs ist und sich auf dem beliebten Burgplatz in der Altstadt befindet. Wer genauer hinschaut, sieht, dass der Kirchturm nicht ganz „normal“ aussieht. Denn er ist in sich verdreht. Aber warum? Hatte der Architekt vielleicht die Gesetze der Statik nicht zu 100 Prozent beachtet? Auch hierzu sind mehrere Erklärungen im Umlauf. Laut Kirchenhistoriker Brozsa beispielsweise wurden – nach einem Brand im Jahre 1815 – beim Neuaufbau einige Teile des Turms verändert: Brandschutzmaßnahmen und das Aufsetzen der deutlich schwereren Marienkrone führten dazu, dass sich der Turm unter dem massiv erhöhten Gewicht immer weiter nach Westen drehte. Bis ein Unterbau im Jahre 1900 die Drehung Richtung Rhein stoppte.
Es kommt schon mal vor, dass sich Menschen an der S-Bahn-Haltestelle „Düsseldorf-Zoo“ verirren. Verirren, weil sie hier und auch im näheren Umland vergeblich nach einem Tierpark suchen. Aber warum gibt es dann diese Haltestelle und sogar einen ganzen Stadtteil mit diesem irreführenden Namen? Nicht etwa weil ein Stadtplaner einen schlechten Tag hatte. Tatsächlich gab es von 1876 bis 1943 einen Zoo in Düsseldorf – und zwar genau da, wo sich heute der Zoopark Düsseldorf befindet. Nachdem der Düsseldorfer Zoo in den 20er Jahren eine Blütezeit erlebte und sich in den darauffolgenden Jahren zum naturwissenschaftlichen Zentrum etablierte, kam sein Ende während des Zweiten Weltkriegs. Bei mehreren Bombardierungen im Laufe von zwei Jahren wurde der Zoo komplett vernichtet. Ein Neuaufbau an alter Stelle kam nie wieder infrage. Übrig gebliebene Teile der Sammlung sind heute im Aquazoo Löbbecke Museum zu sehen. Das Gelände selbst wurde später anderweitig genutzt. Und dennoch nennen die Bewohner den Stadtteil, der offiziell Düsseltal heißt, weiterhin liebevoll Zoo.
Es zeigt sich: Düsseldorf hat schon auf den ersten Blick wirklich viel zu bieten. Und auf den zweiten noch mehr. Denn die Frage nach dem „Warum?“ offenbart viele neue Erkenntnisse und Sichtweisen. Und sicher ist es auch toll, beim nächsten Stadtspaziergang zu zweit mit dem gewissen Extrawissen zu punkten oder aber die Dinge einfach aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.
Doris Dreßler • 29. November 2024
Joachim Gerloff • 29. November 2024