Klimaschonend, wassersparend & umweltfreundlich: Ist Aquaponik die Zukunft der Landwirtschaft?
Die Landwirtschaft ist weltweit der größte Verbraucher von Süßwasser. Und auch ihr Anteil an den steigenden Emissionen ist hierzulande ein viel diskutiertes Thema. Hinzu kommt, dass die Wasserqualität von Seen und Grundwasser unter der konventionellen Fischzucht leidet. So schwarzmalerisch sich das auch alles anhören mag, so verheißungsvoll klingt die Technik hinter der Aquaponik, die an allen drei Problemen gleichzeitig ansetzt.
Bevor wir uns die Technik genauer anschauen, werfen wir einen Blick auf die Begrifflichkeiten, die sich hinter der Bezeichnung Aquaponik verbergen. Dabei handelt es sich um die Kombination aus Aquakultur und Hydroponik. Aber was genau ist das eigentlich?
Als Aquakultur bezeichnet man die kontrollierte Aufzucht aller im Wasser lebenden Organismen. Das können Muscheln, Krebse, Algen und eben auch Fische sein. Aquakulturen erfreuen sich weltweit immer größerer Beliebtheit und können in vielen verschiedenen Formen wie Zuchtbecken oder Netzgehegen vorkommen. Als Alternative zum Wildfang schonen sie die Fischbestände in den Weltmeeren und wirken so der Überfischung entgegen. Weltweit werden bereits etwa ebenso viele Meerestiere aus Aquakulturen wie aus dem Wildfang gegessen.
Bei der Hydroponik handelt es sich um die Pflanzenaufzucht in Wasser anstatt in Erde. Das Wasser wird dabei mit Nährstoffen angereichert. So können hochqualitative Pflanzen wie Gemüse, Früchte oder Kräuter nachhaltig gezüchtet werden. Hydroponik ermöglicht einen sehr viel platzsparenderen Anbau, zum Beispiel in urbanen Gegenden, da man die Pflanzen wie in einem Regal vertikal stapeln kann. Der größte Vorteil ist allerdings der sehr geringe Wasserverbrauch. Im Vergleich zur herkömmlichen Landwirtschaft verbrauchen die Pflanzen gerade einmal ein Zehntel der Ressourcen.
Die Aquaponik macht sich die Vorteile beider Systeme zu eigen und kombiniert sie zu einem Kreislauf, der sich selbst antreibt. Sowohl die Aquakultur als auch die Hydroponik stellen ihre Betreiber vor eine Herausforderung. Bei Ersterer muss eine hohe Wasserqualität gewährleistet sein, damit die Fische nicht krank werden. Bei der Hydroponik ist es wichtig, dass die Pflanzen genug Nährstoffe haben, um schnell zu wachsen. Das Kreislaufmodell der Aquaponik löst diese beiden Herausforderungen praktisch von selbst. Und zwar so:
Das Wasser wird aus dem Fischtank mitsamt der Exkremente ins Pflanzenbecken gepumpt. Hier wird das Wasser durch Bakterien gereinigt, die das in den Fischausscheidungen enthaltene Ammonium in Nitrat umwandeln. Das Nitrat wird als Nährstoff von den Pflanzen aufgenommen. Das saubere Wasser fließt im letzten Schritt wieder zurück in den Fischtank. Genial, oder?
Auf diese Weise entsteht ein fast emissionsfreier Kreislauf, der Fisch und Gemüse produziert, die denen aus dem Supermarkt in nichts nachstehen. Geeignete Pflanzen sind zum Beispiel Gurken, Chilis und Basilikum. Für den Anbau werden weniger Platz und deutlich weniger Wasser benötigt. Für ein Kilo Tomaten werden so nur noch etwa 35 Liter Wasser verbraucht. In der herkömmlichen Landwirtschaft sind es bis zu 180 Liter.
Weitere Vorteile für den Bauern sind, dass er fortan keinen Dünger mehr beifügen muss, kein Unkraut jäten und auch keine Angst vor Schneckenbefall zu haben braucht. Aus Umweltsicht ist hervorzuheben, dass durch das geschlossene System der Aquaponik kein Nitrat die Flüsse oder das Grundwasser belastet.
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Noch sind es häufig einzelne Restaurantbesitzer, urbane Initiativen oder Hilfsorganisationen, die sich der Technik der Aquaponik bedienen. Die Methode sucht derzeit noch nach praktikablen Anwendungsfällen und steht dabei noch am Anfang ihrer Entwicklung.
Das Projekt Samaki der RWTH Aachen beispielsweise hat eine Aquaponik-Anlage entwickelt, die dank Solarmodul auch außerhalb des Stromnetzes betrieben werden kann. Sie soll Menschen in Regionen mit schlechter Infrastruktur eine ausgewogene Ernährung ermöglichen. Die Betreiber der ECF Farm in Berlin wollen hingegen zeigen, dass Landwirtschaft und Großstadt sich dank Aquaponik künftig nicht mehr ausschließen müssen. Ihren „Hauptstadtbarsch“ und Basilikum kann man bereits in vielen regionalen Supermärkten kaufen.
Gerade in Verbindung mit dem Vertical Farming, also dem vertikalen Anbau von Gemüse in Hochregalen, könnte die Aquaponik wohl bald auch im großen Stil zum Einsatz kommen. Es ist auf jeden Fall eine vielversprechende Methode für eine klimafreundliche und vor allem effiziente Lebensmittelproduktion, die es im Auge zu behalten lohnt.
Matthias Hausmann • 4. Oktober 2024