Stolpersteine sind ein lebendiges Mahnmal gegen das Vergessen und für eine gemeinsame Erinnerungskultur.
Mitten im geschäftigen Treiben der Düsseldorfer Straßen, zwischen Cafés, Geschäften und Wohnhäusern, glänzen sie unscheinbar im Pflaster: kleine, quadratische Messingtafeln, in den Boden eingelassen. Wer genauer hinschaut, entdeckt Namen und Lebensdaten. Es sind die Stolpersteine – kleine Mahnmale, die an Menschen erinnern, deren Leben durch den Nationalsozialismus zerstört wurden. Jeder Stein erzählt eine persönliche Geschichte und lädt dazu ein, einen Moment innezuhalten und zu gedenken. Was genau hinter den kleinen Steinen steckt und wo Sie diese in Düsseldorf finden können, verraten wir Ihnen hier.
Die Stolpersteine sind ein europaweites Kunst- und Erinnerungsprojekt, das vom Kölner Künstler Gunter Demnig im Jahr 1992 ins Leben gerufen wurde. Die Idee dahinter ist so einfach wie wirkungsvoll: Kleine Messingtafeln werden vor den letzten frei gewählten Wohnorten von Opfern des Nationalsozialismus in den Bürgersteig eingelassen und erinnern an das Leben und Schicksal dieser Menschen. Die Stolpersteine sind dabei ganz unterschiedlichen Opfergruppen gewidmet. Viele von ihnen waren jüdische Bürger:innen, andere politische Gegner:innen des NS-Regimes, Mitglieder der Sinti- und Roma-Gemeinschaft, Homosexuelle, Zeugen Jehovas, Menschen mit Behinderung oder „Euthanasie“-Opfer. Auf jedem Stolperstein sind Name, Geburtsjahr, das Schicksal und manchmal sogar das Todesdatum der jeweiligen Person eingraviert. Dadurch soll die Erinnerung an die Opfer des NS-Regimes buchstäblich in den Alltag der Menschen zurückgeholt werden. Wer auf einen Stolperstein trifft, bleibt stehen, liest die Inschrift und „stolpert“ im weitesten Sinne über die Geschichte der jeweiligen Person. Damit sind die Stolpersteine das größte dezentrale Mahnmal der Welt und ein eindrucksvolles Symbol gegen das Vergessen.
Düsseldorf gehört zu den vielen deutschen Städten, die sich früh dem Projekt Stolpersteine angeschlossen haben. Bereits 2003 begannen engagierte Bürger:innen gemeinsam mit Schulen und Organisationen, erste Stolpersteine in der Stadt zu verlegen. Seitdem sind sie zu einem festen Bestandteil des Stadtbildes geworden und erinnern an zahlreichen Orten an die Opfer des Nationalsozialismus. Mittlerweile gibt es in Düsseldorf über 370 Stolpersteine, die sich über das gesamte Stadtgebiet verteilen – von der Altstadt bis in die Außenbezirke. Und auch heute wird das Projekt weiterhin aktiv unterstützt. Dabei nimmt vor allem die Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf eine zentrale Rolle ein: Sie recherchiert die Biografien, bereitet die Verlegungen vor und sorgt für die langfristige Pflege der Steine. Unterstützt wird das Vorhaben zudem von weiteren Institutionen der Stadt, darunter das Vermessungs- und Katasteramt, das die Standorte dokumentiert, sowie von zahlreichen ehrenamtlichen Helfer:innen. Die Finanzierung erfolgt größtenteils durch Patenschaften, die von Privatpersonen, Schulen, Vereinen oder Unternehmen übernommen werden.
Wer mit offenen Augen durch Düsseldorf spaziert, entdeckt die kleinen Stolpersteine an vielen Ecken der Stadt – insbesondere in Vierteln wie Oberbilk, Derendorf und Stadtmitte. Manchmal liegen sie alleine, manchmal gruppiert, etwa vor ehemaligen Wohnhäusern ganzer Familien. Hinter jedem Stein steht eine Lebensgeschichte wie die von Georg Gehring, einem Arbeiter und Feuerwehrmann, der nach kritischen Äußerungen über das NS-Regime erschossen wurde. Oder die der Eheleute Levy, die in Düsseldorf gesellschaftlich aktiv waren und ebenfalls Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft wurden.
Die Stolpersteine in Düsseldorf sind aber nicht nur im Stadtbild sichtbar, sondern auch digital erlebbar. Über das Online-Portal der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf finden Sie alle verlegten Stolpersteine der Stadt auf einer interaktiven Karte. Mit nur wenigen Klicks erhalten Sie zu jedem Stein detaillierte Informationen wie Biografien, Fotos, historische Dokumente und Hintergrundgeschichten. Daneben bietet die Mahn- und Gedenkstätte Stadtspaziergänge für Schulen, Vereine und interessierte Gruppen an. Im Rahmen von geführten Rundgängen zu ausgewählten Stolpersteinen werden die Geschichten der Opfer lebendig erzählt und in den historischen Kontext eingeordnet. Die Touren sind eine Einladung, innezuhalten, nachzudenken und sich bewusst mit den Themen Ausgrenzung, Verfolgung und Zivilcourage auseinanderzusetzen.
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Das Stolperstein-Projekt in Düsseldorf lebt vor allem vom Engagement der Bürger:innen, insbesondere durch die Übernahme von Patenschaften für einzelne Stolpersteine. Privatpersonen, Familien, Schulklassen, Vereine und auch Unternehmen können eine Patenschaft übernehmen und damit die Kosten für die Herstellung und Verlegung eines Stolpersteins tragen. Häufig sind es Nachfahren der Opfer, aber auch engagierte Mitbürger:innen, die auf diese Weise einen Beitrag zum Gedenken leisten möchten. Die Patenschaft ist nicht nur eine finanzielle Unterstützung, sondern oft auch mit einer intensiven Auseinandersetzung mit der Biografie des Opfers verbunden. Viele Pat:innen begleiten die Verlegung „ihres“ Stolpersteins persönlich und gestalten die Zeremonie mit. Sie halten Reden, legen Blumen nieder oder berichten von ihren eigenen Recherchen. Diese persönlichen Momente machen die Verlegungen zu bewegenden Ereignissen, die weit über das bloße Setzen eines Steins hinausgehen.
Aber auch mit kleinen Gesten können Sie bereits Gutes tun: Damit die Stolpersteine weiterhin gut lesbar bleiben, benötigen sie regelmäßige Pflege. Daher sind Anwohner:innen und Passant:innen dazu eingeladen, die Steine bei Bedarf vorsichtig zu reinigen – etwa mit Wasser, einem milden Metall- oder Messingputzmittel und einem weichen Tuch. So wird das Gedenken an die Opfer bewahrt und die Mahnung bleibt gut sichtbar.
Wer sich informieren oder selbst engagieren möchte, findet auf der Website der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf sowie bei zahlreichen Initiativen und Vereinen Ansprechpartner:innen und weiterführende Informationen.