Wie wird Karneval in Düsseldorf und Köln gefeiert?
Karneval gehört in Düsseldorf und Köln so selbstverständlich zum Jahr wie Weihnachten oder Ostern. Menschen aus anderen Regionen schütteln häufig den Kopf darüber oder sehen darin bloß eine Ausrede, mal wieder ordentlich zu trinken. Aber an etwas, das so viele Menschen begeistert, muss doch mehr dran sein, oder? Ein zugezogener Hamburger begibt sich auf die Suche nach Karneval.
Als ich berufsbedingt von Hamburg nach Düsseldorf gezogen bin, fiel mir das ganz schön schwer. Zum Glück hat mich nicht nur der Rhein über den Trennungsschmerz hinweggetröstet, sondern auch die herzliche, rheinische Art der Düsseldorfer und, ja, auch der Kölner gleichermaßen. Was mich allerdings seit Jahren schon aus der Ferne etwas abgeschreckt hat, ist dieses knallbunte Volksspektakel namens Karneval. Zugegeben: Wir Nordlichter lachen eher in uns hinein als nach außen. Aber dieser alkoholinduzierte Frohsinn, das kann doch nicht gesund sein? Allerdings ahnte ich überhaupt nichts Böses, als Anfang November mein Smartphone klingelte und eine Freundin fragte, ob ich am 11.11. schon etwas vorhabe. Ich verneinte. Ich verneinte. Und durfte bald darauf mit Entsetzen feststellen, dass ich mich gerade in die erste Karnevalsfeier meines Lebens gebucht hatte. Ich dachte Karneval wäre nur einmal im Jahr, und zwar im Februar!
Ihnen fehlt noch immer das passende Teil für das perfekte Kostüm? Dann ab auf den Trödelmarkt. Zwischen alten Vasen, Tischdecken und so manchem antiken Gerümpel, verbirgt sich bestimmt auch der Schatz nachdem Sie suchen.
So finde ich mich Tage später in einem Karnevalsladen wieder. Eine Institution, deren Existenz mir bis dahin verborgen geblieben ist. Ein ganzes Kaufhaus voller bunter Kostüme, Accessoires, Perücken, Kontaktlinsen. Vom Archäologen bis zur Zahnfee gibt es hier einfach alles. Meine Freundin Silvia ist so aufgedreht und guter Laune, als wäre bereits heute Karneval. „Ursprünglich hat man sich verkleidet, um die Geister des Winters zu vertreiben“, erklärt sie mir. „Und dann natürlich, um den Adel auf die Schippe zu nehmen. Aber jetzt soll es hauptsächlich Spaß machen.“ Dennoch ist die Auswahl eine ernste Sache. Denn es gibt aktuelle Kostümtrends und alte Hüte.
„Einhörner sind so 2016!“, seufzt Silvia, und lenkt dann mein Augenmerk auf den praktikablen Aspekt. „Niemals was mit Flügeln, wenn du in eine Kneipe gehen willst. Und natürlich solltest du einfach wieder rauskommen. Für den Fall, dass du mal musst.“ Ich verabschiede mich im Geist von einem Vollkörperdrachenkostüm und lasse mich von Silvia überreden, in das diesjährige Gruppenkostüm „Matrose“ mit einzusteigen. Hier ist es nicht mit einem Hut und einem Ringelhemd getan. Nein, professionell legt sie mir noch Pfeife, Klebetattoos, ein überziehbares Armtattoo (sieht aus wie ein Damenstrumpf) und Hosenträger in den Einkaufskorb. Na dann kann Karneval ja kommen.
Nachdem ich erstaunt festgestellt habe, dass die Feierlichkeiten bereits um 11:11 beginnen, stehe ich am 11.11. um 10:50 vor Silvias Wohnungstür. Zum Glück musste ich mir auch nur einen halben Tag freinehmen, da in meiner Firma ebenfalls gefeiert wird: das Erwachen des Hoppeditz, der aus einem Senftopf am Rathaus steigt, um eine Eröffnungsrede zu halten. Silvia hat mich auch darauf aufmerksam gemacht, dass in der Nachbarstadt Köln alles ein bisschen anders ist. Hier gibt es keinen Hoppeditz, dafür einen Nubbel, der am Karnevalsdienstag verbrannt wird. Bis dahin dauert es noch. Also präge ich mir, während ich klingel, nur noch mal ein, dass man hier „Helau“ und nicht „Alaaf“ ruft. Wobei „Helau“ wohl „Hurra“ bedeutet und „Alaaf“ irgendwann mal ein Trinkspruch gewesen ist. Dieses Wissen wird von ohrenbetäubender Karnevalsmusik in den Hintergrund gedrängt, als sich die Wohnungstür öffnet und eine Handvoll wildfremder Matrosen mir erst die Berliner aus der Hand reißen (meine Aufgabe war es, ebensolche zu besorgen) und dann „Bützchen“ verteilen. Also Küsschen auf die Wange. Und dass, obwohl es eigentlich eine Kölner Tradition ist!
Kurz darauf bin ich mit einem Mettbrötchen und einem Alt (Anm. d. Red.: Düsseldorfer Brauerzeugnis) bewaffnet im Wohnzimmer und trinke Bruderschaft mit Steffi, die ich seit drei Minuten kenne. Insgesamt ist es eine offene, fröhliche Atmosphäre und plötzlich schmeckt sogar das Alt besser als Astra (Anm. d. Red.: Pils aus der Hansestadt). Um 11:10 sind alle fertig kostümiert und mir fällt auf: Keines der Kostüme sieht billig aus und ich bin sehr dankbar für die Plastikpfeife, auf der ich rumkaue und die mir direkt ein Upgrade zu Popeye, dem Seemann, verschafft. Als die Uhr im angeschalteten Fernseher 11:11 schlägt, dreht die Stimmung weiter auf. Reihum wird sich umarmt, das zweite Alt wird aufgemacht (ich hänge immer noch am ersten) und eine Polonaise zieht durchs Wohnzimmer. Ich erfahre, dass die Straßenbahnlinie 18 heute bis Istanbul fährt, das aber gar nichts mit dem „durstigen Sultan“ zu tun hat. Und dass beide Lieder eigentlich aus Köln kommen, aber Düsseldorf leider beim Liedgut etwas hinterherhinkt. Irgendwie vergesse ich langsam, dass ich mir vorgenommen hatte „dagegen“ zu sein.
Nachdem das Alt in Silvias Wohnung sich genauso dem Ende zuneigt wie die Mettbrötchen, brechen wir auf. In meiner Naivität hatte ich angenommen, wir würden den ganzen Tag hierbleiben. Stattdessen geht es in die Düsseldorfer Altstadt. Und wir sind nicht die Einzigen mit dieser Idee. Die U-Bahn ist so voll, dass mir nicht einmal ein passender Vergleich einfällt. Das Erstaunliche ist: Die Insassen sind alle extrem gut gelaunt. Selbst wenn ihnen auf die Füße getreten oder eine Perücke durchs Gesicht gewischt wird. Ein fröhlicher Alien verteilt Schokoriegel aus einem Beutel und die Leute nehmen sie ohne den üblichen Argwohn an.
Als wir nach fünf gesungenen Karnevalsliedern – meine Textsicherheit steigt mit jedem Alt – aus der Bahn fallen, ist es draußen nicht wirklich leerer. Die Volksfestatmosphäre reicht von der U-Bahn-Station bis in die Fußgängerzone, wo wir erst mal ein Foto von uns machen lassen. „Für die Facebook-Gruppe“, erklärt Silvia. Denn Karneval läuft im Freundeskreis zumindest halb organisiert. Genauso organisiert läuft die Gruppe durch die chaotische Altstadt bis zu ihrem Ziel: der Traditionskneipe Uerige. Vor der Tür heißt es erst einmal Schlange stehen. Das Personenlimit ist nämlich bereits erreicht, das heißt, wir dürfen erst rein, wenn jemandem langweilig wird. Der glasfreie Alt-Ausschank und noch mehr Karnevalslieder sowie der soziale Austausch mit einer Gruppe Schlümpfe lassen die Zeit schnell vergehen und plötzlich stehen wir drin. Spätestens hier wird mir auch klar, warum ich ein flügelfreies Kostüm wählen musste.
In Köln bekommt man übrigens sofort nachgeschenkt, wenn ein Kölschglas leer ist. Stoppen kann man das nur mit einem Bierdeckel. Aber wir sind nicht in Köln und heute ist sowieso Ausnahmezustand. Und so gehen wir abwechselnd mit dem leeren Bierkranz an die Theke. Ganz wichtig: Das Zwischenwasser nicht vergessen. Ebenso der regelmäßige Ausflug zur Pommesbude, um dem Alkohol entgegenzuwirken.
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Ursprünglich hatte ich den Plan, mich so gegen 18 Uhr abzusetzen. Als wir um kurz nach elf dann den Heimweg antreten, bin ich ein bisschen enttäuscht. Schon vorbei? Ich fühle mich auch mehr angeheitert als beschwipst. Das Zwischenwasser hat seinen Dienst getan.
In der U-Bahn nach Hause werde ich mit „Helau!“ von anderen zurückfahrenden Düsseldorfern begrüßt.
Während ich in der Bahn sitze und mich auf mein Bett freue, muss ich mir eingestehen, dass ich die Karnevalszeit mag. Nicht wegen der Kostüme oder des Alkohols. Sondern wegen dem, was ich vorher am meisten verlacht habe: dem Schunkeln und Singen und Bützen. Letztlich ist es ein Miteinander von Freunden. Und der Begriff Freunde wurde an diesem Tag auch auf Fremde ausgeweitet. Ich kann also nur empfehlen: Mut zum Karneval! Egal ob in Düsseldorf oder Köln. Oh, und ich habe auch gelernt, warum man am 11.11. schon mit dem Karneval anfängt: Ursprünglich gab es nicht nur die Fastenphase vor Ostern, sondern auch eine vor Weihnachten. Und die wurde mit zünftigem Feiern eingeläutet. Und was soll ich sagen: Das Fasten ist wieder weggefallen, das Feiern geblieben. Helau!
Für die Karnevalsausstattung geht’s zu:
Der Karnevalswierts Düsseldorf
Professor-Neyes-Platz 7
40476 Düsseldorf
Deiters Düsseldorf
Graf-Adolph-Platz 12
40213 Düsseldorf
Für die Karnevalsausstattung geht’s zu:
Kölner Kostümkiste
Bonner Wall 112
50677 Köln
Jot Jelunge, Karneval, Kostüme und mehr
Lindenstr. 53
60674 Köln
Deiters Köln
Gürzenichstr. 25
60667 Köln
Berger Str. 1
40213 Düsseldorf
Der Klassiker: Brauerei mit Publikum aller Altersstufen und viel Karnevalsmusik.
Ratinger Str. 28
4013 Düsseldorf
Auch hier gibt es selbst gebrautes Alt. Wer rein möchte, sollte sich früh anstellen.
Mühlenstr. 14
40213 Düsseldorf
Vom ehemaligen Kommissar zum Kneipenbesitzer. Die Kultkneipe nicht nur für K11-Fans.
Kurze Str. 20
40213 Düsseldorf
Kleinere Brauerei, die ein etwas jüngeres Publikum anzieht.
Ubierrerring 19
50678 Köln
Traditionsreiche Kneipe in der Südstadt.
Luxemburger Str. 34
50674 Köln
Eine der innenstädtischen Karnevalshochburgen mit gemischtem Publikum.
Frankenwerft 31-33
50667 Köln
Nah am Rhein gelegene Kultkneipe mit Politikern an der Wand.