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Graue Energie und wie wir den verborgenen Energiebedarf reduzieren

Warum graue Energie ein entscheidender Faktor für nachhaltiges Bauen ist.

Auf einer Großbaustelle entsteht ein Gebäudekomplex. © zhihao / Moment via Getty Images

Hinter Konsumgütern und Bauwerken steckt mehr als auf den ersten Blick ersichtlich. Der Energieverbrauch, der bei der Errichtung eines Gebäudes, bzw. dem Transport, der Lagerung und Entsorgung von Materialien und Bauteilen zusammenkommt, wird unter dem Schlagwort „graue Energie“ zusammengefasst. Erfahren Sie in unserem Beitrag, wie dieser verborgene Energieverbrauch zustande kommt und reduziert werden kann.

Was ist Graue Energie?

Graue Energie beschreibt den verborgenen Energieaufwand, der in den verschiedenen Phasen des Lebenszyklus eines Produkts oder eines Gebäudes zusammenkommt. Zur grauen Energie zählt demnach sämtliche Energie, die über den gesamten Zeitraum – von der Herstellung bis zur Entsorgung – fließt. So verbraucht beispielsweise ein Smartphone, das heutzutage unser täglicher Begleiter ist, bereits viel Energie, bevor es überhaupt in Ihren Besitz gelangt.

Graue Energie am Beispiel eines Smartphones:

  • Ressourcengewinnung: Der Abbau von Rohstoffen wie Metallen (z. B. Gold, Silber, Kupfer) und Mineralien (z. B. Coltan) in Minen verbraucht große Mengen an Energie.
  • Herstellung: Die Produktion der einzelnen Komponenten eines Smartphones geschieht in den Fabriken unter Einsatz von Energie.
  • Transport: Die globale Produktionskette trägt dazu bei, dass die verschiedenen Teile des Smartphones von mehreren Orten auf der Welt zur Endmontage transportiert werden. Auch der fertige Artikel wird vom Hersteller zum Händler und schließlich zu den Verbraucher:innen transportiert.
  • Lagerung: Die Zwischenlagerung der einzelnen Bauteile und des fertigen Produkts in Warenlagern und Vertriebszentren erfordert Energie.
  • Verkauf: Der Betrieb von Verkaufsstellen wie Elektronikmärkten oder Online-Shops benötigt Energie, z. B. für die Beleuchtung und die Klimatisierung der Räumlichkeiten.
  • Nutzung: Der laufende Betrieb und das regelmäßige Aufladen des Smartphones kosten Strom.
  • Entsorgung: Die korrekte Entsorgung von Elektronikgeräten erfordert spezielle Prozesse, die ebenfalls Energie verbrauchen.

Die folgende Tabelle zeigt beispielhaft, wie viel graue Energie in einem Produkt steckt:

Produkt
Graue Energie in Kilowattstunden
  • Tafel Schokolade
  • 0,25
  • Flasche Mineralwasser (0,5 l)
  • 0,7
  • Jeanshose
  • 40
  • Smartphone
  • 220
  • Mittelklasse-Pkw
  • 30.000
  • Einfamilienhaus
  • 150.000

Quelle: dw.de

Eine Produktionsmitarbeiterin überwacht die Herstellung von Schokolade in einer Fabrik.
Bei der Herstellung sämtlicher Konsumgüter fällt graue Energie an – für zehn Tafeln Schokolade sind es mehrere Kilowattstunden. © Monty Rakusen / DigitalVision via Getty Images

Welche Faktoren beeinflussen die graue Energie?

1. Produkttyp: Komplexere Produkte erfordern in der Regel mehr Energie für ihre Herstellung, da sie aus verschiedenen Komponenten bestehen.

2. Materialien und Rohstoffe: Die Auswahl der Materialien beeinflusst den Energieverbrauch eines Produkts erheblich. Zum Beispiel benötigen Metalle und Kunststoffe unterschiedliche Mengen an Energie für ihre Gewinnung und Verarbeitung.

3. Herstellungsprozesse: Unterschiedliche Herstellungsverfahren gehen mit unterschiedlichen Energieanforderungen einher. Einige Fertigungsprozesse sind demnach energieintensiver als andere.

4. Transport und Logistik: Die Entfernung zwischen den verschiedenen Produktionsstätten, Lagerhäusern und Verkaufsstellen beeinflusst den Energieverbrauch für den Transport.

5. Nutzungsdauer und -intensität: Je länger ein Produkt genutzt wird und je intensiver Sie es verwenden, desto besser ist die Energiebilanz. Sprich: Langlebige Produkte gleichen den Energieverbrauch, der für ihre Herstellung aufgewendet wurde, besser aus.

6. Wiederverwendung und Recycling: Produkte oder Materialien, die wiederverwendet oder recycelt werden, tragen dazu bei, graue Energie zu reduzieren. Schließlich werden im Umkehrschluss weniger neue Ressourcen benötigt.

7. Entsorgung: Mülltrennung und -transport, Zerkleinerungsarbeiten und andere Prozesse, die bei und nach der Entsorgung eines Produkts anfallen, verbrauchen Energie.

8. Technologische Fortschritte: Fortschritte in der Produktionstechnologie und nachhaltigere Energiequellen können den Energieverbrauch, z. B. bei der Herstellung und beim Transport, reduzieren.

Graue Energie bei Gebäuden

Nachhaltiges Bauen gewinnt immer mehr an Bedeutung und das aus gutem Grund: Der Energieverbrauch und der damit einhergehende CO2-Ausstoß in der Baubranche sind enorm. Große Mengen an Materialien werden benötigt, deren Herstellung und Transport Unmengen an Energie verschlingen. Jeder Baustoff – von Beton über Stahl bis Ziegel – geht mit einem eigenen Anteil grauer Energie einher, der sich bis zur Fertigstellung des Gebäudes summiert. Nach Angaben der Global Alliance for Buildings and Construction (GlobalABC) ist der Bausektor für 34 % des weltweiten Energieverbrauchs und 37 % der energie- und prozessbedingten CO2-Emissionen verantwortlich (Stand 2021).

Beim nachhaltigen Bauen liegt der Fokus daher unter anderem auch darauf, graue Energie zu minimieren, um so die Umweltauswirkungen zu reduzieren und die Ökobilanz des Gebäudes zu verbessern. Hierfür stehen bereits einige Mittel und Methoden zur Verfügung.

Innovative Techniken zur Minimierung grauer Energie im Bauwesen

Bei nachhaltigen Bauprojekten werden heute vermehrt innovative Techniken eingesetzt, um graue Energie zu minimieren. Dazu zählen:

  • Einsatz von Recycling-Baustoffen: Durch die Wiederverwendung bereits vorhandener Materialien können Bauunternehmen den Bedarf an neu produzierten Ressourcen erheblich reduzieren.
  • Einsatz energieeffizienter Baustoffe und -konzepte: Fenster mit verbesserter Dämmung und Wärmepumpen tragen dazu bei, den Energieverbrauch in der Nutzungsphase des Gebäudes zu senken.
  • Innovative Bautechniken: Durch die Modulbauweise oder den Einsatz vorgefertigter Bauelemente kann bereits bei der Errichtung eines Gebäudes Energie gespart werden.
Die Luftaufnahme einer Zementfabrik zeigt Förderbänder, Silos und Lastwagen.
Die Bauindustrie verbraucht viel Energie: Insbesondere die Herstellung von Baustoffen wie Beton und Zement ist ein echter Energiefresser. © Michael Milner / Moment via Getty Images

Maßnahmen zur Reduzierung von grauer Energie im Überblick

Die vielfältigen Einflussfaktoren auf die graue Energie zeigen gleichzeitig die Stellschrauben auf, an denen Maßnahmen zur Reduzierung des Energieverbrauchs ansetzen können. Zu den wirkungsvollsten Strategien zählt unter anderem die Auswahl nachhaltiger und ressourcenschonender Materialien. Aber nicht nur die Materialien, sondern auch die Produktionsprozesse selbst müssen so effizient wie möglich gestaltet werden, um den Energieverbrauch zu minimieren. Der Einsatz moderner Fertigungsmethoden wie 3D-Druck ermöglicht es beispielsweise, Materialien gezielter einzusetzen und Abfälle zu vermeiden. Auch die regionale Produktion in unmittelbarer Nähe der Endverbraucher:innen kann erheblich dazu beitragen, den Transportaufwand und die damit einhergehenden Energieverluste zu reduzieren. Energieeffizienz spielt aber nicht nur bei der Herstellung, sondern auch während der Nutzung von Produkten eine wichtige Rolle. Diese sollten im Idealfall so gestaltet sein, dass sie möglichst wenig Energie verbrauchen.

Durch die Integration von Recyclingverfahren und die Förderung der Wiederverwendung von Produkten können Hersteller und Bauunternehmen zudem den Bedarf an neuen Rohstoffen erheblich reduzieren. Daher ist es besonders wichtig, Kreislaufwirtschaftsmodelle zu etablieren, in denen Produkte am Ende ihrer Lebensdauer recycelt oder wiederverwendet werden. So beispielsweise beim Urban Mining . Der Begriff beschreibt die Methode des „urbanen Bergbaus“, durch den bereits verbaute Materialien aus Gebäuden zurückgewonnen und an anderer Stelle neu eingesetzt werden. So erhält selbst Bauschutt einen neuen Lebenszyklus – zum Beispiel, indem er zu Pflastersteinen verarbeitet wird.

Darüber hinaus ist auch der Einsatz erneuerbarer Energien bei der Produktion oder dem Transport ein wichtiger Schlüssel zur Energieeinsparung. Nicht zuletzt müssen jedoch auch die Verbraucher:innen selbst über den Energieverbrauch von Produkten aufgeklärt und ein bewusstes Konsumverhalten gefördert werden. Wenn Verbraucher:innen wissen, wie viel Energie in die Herstellung und Nutzung eines Produkts fließt, können sie ihr

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